MELENCOLIA PROJEKT ~ IM DIALOG MIT ALBRECHT DÜRER

Der äußerst rätselhafte Kupferstich von Albrecht Dürer „Melencolia § I“, 1514 ist Ausgangspunkt und zugleich Namensgeber für das „Melencolia Projekt“.

MELENCOLIA PROJEKT

Das „Melencolia Projekt“ ist nicht melancholisch: Es ist der Moment „nach dem Kupferstich“. Das Nachdenken ist vorüber, die Idee ist gefunden und kann in die Tat umgesetzt werden. Der Polyeder, markantes Bildelement des Kupferstichs, bricht symbolisch auf und gerät in Bewegung, er nimmt Farbe an und öffnet sich in alle Richtungen. Die künstlerische Arbeit beginnt. Beide Aspekte, das geschlossene, aber von innen hell erleuchtete „Haus der Melencolia“ und der geöffnete Polyeder „Im Aufbruch“ stehen als dreidimensionale Objekte im Dialog – und im Zentrum der Ausstellung.

Das Bild des Melancholikers hat sich über die Jahrhunderte grundlegend verändert. In der Aufteilung des Menschen in vier Temperamente galt das des Melancholikers, beherrscht durch die schwarze Galle – melen colia – als das Unglücklichste: ungesellig, trübsinnig, geizig und tatenlos. Zugeordnet wurden: die Erde als Element, Trockenheit, der Abend im Zwielicht zwischen Tag und Nacht, der Planet Saturn. Bleierne Schwere, bleierne Zeit: Saturnzeit. („Saturnkind“, „Saturn Zeit“)

Unsere Melencolia sitzt zwar regungslos mit aufgestützem Kopf dumpf und schwer mit starrem Blick, befindet sich jedoch im kunstgeschichtlichen Kontext in einer Zeit des Umbruchs des Melancholiebegriffs: Ihre Haltung ist vielmehr als ein Innehalten im kurzen Moment des Jetzt zwischen Vergangenheit und Zukunft zu verstehen. Die Gegenstände, die sie umgeben, scheinen dies zu symbolisieren, alles ist im Gleichmaß abgebildet.

Mnemosyne und ihre neun Musen-Töchter treffen auf die geflügelte Dürer-Melencolia. Jedoch sind nur acht der neun Musen zu sehen, welche fehlt? Schaut man genauer hin, erkennt man sein eigenes Spiegelbild … („Mnemosyne-Tafeln“, „Musengeometrie“, „L’ absence“)

Der Regenbogen am Horizont wölbt sich über die Vorderseite des Hauses. Das helle Licht der Himmelserscheinung wird von unzähligen Spiegelscherben am Boden des Hauses in alle Richtungen reflektiert. Der zerschlagene Spiegel als Erinnerungsmetapher: Es gibt keinen unverfälschten Blick zurück!

Mia Pelenco, Melencolia Projekt I und II, Saturn, Blei und die Liebe zur Geometrie, 2005–2015